Die Bertha-von-Suttner-Schule im Spiegel der Presse

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Donnerstag, 07.07.2011

Hackedicht - besser geht's Dir ohne

Projekttag der Suttner-Schule zum verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol

Mit unsicheren und kleinen Schritten wankten Schüler der neunten und achten Klassen durch die Sporthalle der Bertha-von-Suttner-Schule. Während des Projekttages zum Thema Alkohol testeten sie in einer Simulation, wie sich Wahrnehmung und Reaktionen im alkoholisiertem Zustand verändern können.

Mit der so genannten Rauschbrille und dem Ohrschutz ein nur wenige Schritte entfernt abgestelltes Klappfahrrad zu erreichen, war dann für einige schon eine Herausforderung. Vorsichtig tasteten sie sich heran, und selbst als sie direkt vor dem Rad standen, hatten manche Schwierigkeiten, den Lenker zu packen. Anschließend mit dem Fahrrad einigermaßen geradeaus zu fahren kostete die Jugendlichen große Anstrengungen. Die meisten wirkten erleichtert, als sie Brille und Ohrschutz wieder absetzen konnten.

Mit diesen Utensilien sollte der alkoholisierte Zustand möglichst realistisch nachempfunden werden, erklärte Michael Knodt, der für die Verkehrswacht Hessen die Jugendlichen betreute. Die Rauschbrillen simulierten unterschiedliche Werte von 0,3 bis ein Promille.

FAHRRADFAHREN ist nach dem Konsum von Alkohol gar nicht so
einfach. Mit Rauschbrille und Ohrschutz versuchte Sebastian Hamela
beim Projekttag geradeaus zu fahren. Michael Knodt stand ihm dabei
helfend zur Seite.
Foto: Sonnabend


Entstanden sei die Idee für diesen Projekttag während der Zusammenarbeit mit einer Kollegin des Luise-Büchner-Gymnasiums in Groß-Gerau, erzählte Ute Rao, Lehrerin für Suchtprävention an der Bertha-von-Suttner-Schule. Im letzten Jahr sei der Probelauf sehr gut aufgenommen worden, so Rao, weshalb das Projekt fortgeführt wurde.

Rao, die den Projekttag organisierte und einiges an Vorbereitungsarbeiten zu bewältigen hatte, erläuterte, dass es in erster Linie gelte, die Jugendlichen der neunten Klassen im Vorfeld der Abschlussfahrten in der zehnten Jahrgangsstufe zu sensibilisieren. In diesem Alter sei Alkohol für die Jugendlichen ein großes Thema.

Im theoretischen Teil informierten zwei Ärztinnen der Landesärztekammer die Jugendlichen mit ihren Vorträgen "Hackedicht - besser geht's Dir ohne". Dabei gab es nicht nur Auskunft zu medizinischen Fakten, erklärte Dr. Andrea Willamowski. Die Ärztin erzählte auch Erlebnisse aus ihrer 15 Jahre langen Tätigkeit in der Ambulanz eines Klinikums. Zur Veranschaulichung zeigten die Medizinerinnen den Jugendlichen Röntgenbilder vom Gehirn eines gesunden Menschen und eines Alkoholikers.

Die Schüler hätten sehr positiv auf die Vorträge reagiert, es habe am Schluss sogar Applaus gegeben, freute sich Willamowski. Ute Rao erklärte, dass die zweite Ärztin dank des Fördervereins der Suttner-Schule, der die Finanzierung übernahm, zum Projekttag eingeladen werden konnte.

Nach der aktuellen Befragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ging die Zahl der Jugendlichen, die mindestens einmal in der Woche Alkohol trinken, im letzten Jahr im Vergleich zum Vorjahr zurück.

Andrea Willamowski wies jedoch darauf hin, dass das Einstiegsalter sinke und besonders Mädchen hier auf dem Vormarsch seien. Gründe für den Alkoholkonsum der Mädchen seien oft falsch verstandene Emanzipation, erläuterte die Ärztin. Die jungen Mädchen wollten dazugehören und vor allem von den Jungs beachtet werden, wusste Willamowski. Aber auch das Beispiel, das die Eltern geben, spiele eine Rolle.

Im Vortrag zum Thema "Flateratesaufen" lieferte Hans-Jürgen Sturm von der AOK einige Fakten. So räumte er mit Mythen auf, wie etwa Bier sei nicht so schädlich wie Schnaps. Aus medizinischer Sicht habe die Art des alkoholischen Getränks, das man konsumiere, kaum Einfluss auf die gesundheitlichen Langzeitfolgen. Einzig die Menge an Reinalkohol, die dem Körper zugeführt werde, zähle.

Ebenso widerlegte er die Annahme, dass Alkohol dem, der viel vertrage, auch nicht schade. Das hänge unter anderem von der Größe, dem Körpergewicht und auch der körperlichen und seelischen Verfassung ab. Die Gewöhnung an den Alkohol spiele ebenfalls eine Rolle. Auch wenn sich die Wirkung nicht in einem Rausch äußere - das Zellgift, das durch die Verstoffwechselung von Alkohol entstehe, wirke immer. Dabei gäbe es vier Stadien, die von Enthemmungserscheinungen bis hin zum Schockzustand mit Kreislaufversagen und Tod reichen.

Sechs Mitglieder der Anonymen Alkoholiker waren erstmals beim Projekttag dabei. Jeweils zu zweit gingen sie in die Klassen, um über ihre Erfahrungen zu berichten. Oft merke man nicht, dass man abhängig geworden sei. Bis ein Alkoholiker bereit sei, sich einzugestehen, dass er sein Leben nicht mehr ohne den Alkohol bewältigen kann, dauere es meist viele Jahre, sagte eine von ihnen. Über die erstaunlich gute Mitarbeit, die interessierten Fragen und das rege Interesse der Jugendlichen freuten sie sich.

Ute Rao hat bereits neue Ideen für den nächsten Projekttag Alkohol und plant, im kommenden Jahr die Polizei einzubeziehen.





Bericht: ine

Quelle: Freitags-Anzeiger vom 07.07.2011